Deniz Gezmis

Deniz Gezmis Graffiti

 
Zekiye, eine Frau aus einem Dorf namens Hilan (heute Ugrak) in Malatya, war gerade auf der Weide mit den Kühen des Dorfes, als sie drei fremde junge Menschen, drei Männer, erblickte. Sie fragten Zekiye nach einem Stück Brot und ein bisschen Milch von den Kühen, um ihren Durst zu stillen. Kurz bevor die drei sich wieder auf den Weg machen wollten, fragte Zekiye nach ihren Namen, doch einer der Jungen sagte: „Mutter, weder du noch wir haben dich gesehen, damit man dir kein Leid zufügt, denn wir sind Flüchtlinge. Und erzähle niemandem, dass wir hier waren“. Erst als sie ein Stück gegangen waren, fragte Zekiye: „Wer von euch drei ist Deniz?“. Der Junge, der zuvor gesprochen hatte, drehte sich kurz um und zeigte sein schönes Lächeln, danach rannten sie weiter. Sie schwieg und erzählte niemandem davon, bis zu dem Tod dieser jungen Menschen durch die Todesstrafe. Diese Frau war meine Tante, der Junge, der sich umdrehte, war Deniz, Deniz Gezmis mit seinen Freunden Yusuf Aslan und Hüseyin Inan.

Deniz Gezmis wurde am 24.02.1947 in Ankara als Sohn einer aus Erzurum stammenden Familie geboren. Das Ehepaar Cemil (Vater) und Mukaddes (Mutter) wusste damals noch nicht, welche Rolle ihr Sohn einmal in der Türkei spielen würde. Sein Vater war Grundschullehrer und wegen der häufigen Versetzungen war Deniz in vielen Teilen der Türkei. Die Grundschule besuchte er in Sivas, einer anatolischen Stadt, die dank Pir Sultan, aber auch Mustafa Kemal für den Widerstand bekannt ist. In Istanbul besuchte er das Gymnasium und schloss es auch dort ab. Zu diesem Zeitpunkt entwickelte sich auch sein Interesse für die politische Linke und er wurde 1966 Mitglied der Arbeiterpartei der Türkei. Seitdem kämpfte er gegen alles Ungerechte, für die Rechte der Arbeiter und der Unterdrückten. Mehrmals kam er deswegen in Haft.

Vor allem beeinflusste er die Studenten und organisierte mit ihnen längere Protestläufe, wie z.B. den Mustafa-Kemal-Lauf, gegen den Kapitalismus und den Einfluss der USA auf die Türkei, weshalb er wieder einmal in Haft kam. Die THKO, die türkische Volksbefreiungsarmee, wurde ebenfalls von Deniz Gezmis gegründet. Laut Deniz hat sich diese Gruppe nur gegen Verräter, die auf Kosten der eigenen Bevölkerung lebten, und gegen die USA, deren Einfluss auf die Türkei stark war, gerichtet. Der am häufigsten diskutierte Aspekt seines Handelns ist ein Bankraub in Ankara. Kann Deniz als Held anerkannt werden, wenn er das Geld der Bank und somit der Bevölkerung stiehlt? Nicht an sich selbst, nicht an die Möglichkeiten, die ihm Geld bot, sondern an die arme Bevölkerung und an die unabhängige Türkei dachte er. Man darf dabei nicht von einem Raub reden, denn der armen Bevölkerung wurde damit geholfen und die Revolution für die völlige Unabhängigkeit der Türkei wurde begonnen, sozusagen eine Tat nach dem Vorbild Robin Hoods.

Bevor am 9. Oktober 1971 die umstrittene Todesstrafe, deren Grund nicht ganz eindeutig war, ausgesprochen wurde, verteidigte sich Deniz mit den Worten: „Wir haben unseren kompletten Besitz für die türkische Bevölkerung, ihrer Unabhängigkeit und die Unabhängigkeit der Türkei gegeben. Auch in den Befreiungskriegen der Türkei wurde dafür gekämpft und heute kämpfen wir auch dafür. Deswegen fürchten wir uns nicht vor dem Tod.“

Mit den Worten „Ich habe nie wegen einem Profit gehandelt, sondern für das Glück des Volkes. Diese Flagge habe ich bis zu diesem Zeitpunkt mit Stolz getragen, ab jetzt vertraue ich es dem türkischen Volk an. Es leben die Arbeiter und Bauern! Es lebe die Brüderlichkeit des türkischen und kurdischen Volkes! Nieder mit dem Faschismus! Nieder mit dem Imperialismus!“ verabschiedete er sich.

Für den Willen in den Tod zu gehen, ist sich wie ein Licht in der Dunkelheit zu fühlen. Es gibt einen Moment, da wird ein Leben zu einem Symbol eines Gefühls. Zum ganzen wird das Gefühl. Die Bedeutung wird vertieft. Sie waren Helden.

 

Okan Coskun, Juni 2014